Ja zur Energiewende – aber ohne Arbeitsplatzverluste!

1 … wo arbeitet Papi denn, wenn unser Kraftwerk schließt?

Mehr als 20.000 verlorene Jobs in der konventionellen Stromerzeugung, das ist das Ergebnis einer von der Politik schlecht geplanten und schlecht gemanagten Energiewende. Für viele Familien, gerade auch im Strukturwandel geplagten Ruhrgebiet, bedeutet diese Energiepolitik einfach Zukunftsangst. Auch im Saarland und dem ganzen Rest der Republik gehen gut bezahlte, tarifgebundene Jobs verloren. Nicht nur in den betroffenen Kraftwerken, sondern auch in Wäschereien, Schreinereien, dem Bäcker und allen vor- und nachgelagerten Betrieben. Und wer sagt, dass bei den erneuerbaren Energien auch neue Jobs entstehen, hat grundsätzlich erst einmal Recht. Aber es gibt in der Branche auch diverse Probleme.

„„Der Überlebenskampf der deutschen Photovoltaik-Industrie darf der Politik nicht gleichgültig sein.“ Mit diesen Worten forderte der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis die Bundesregierung bereits im August 2008 auf, kurzfristig einen „Solargipfel mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern der Branche“ einzuberufen. Gemeinsam müsse ein Sofort-Programm entwickelt werden, damit diese „Zukunftsbranche mit ihrem hohem Innovations-, Beschäftigungs- und Wachstumspotenzial weiterhin eine Chance in Deutschland hat“, so Vassiliadis. Nun, 2017, ist mit der Solarworld, der letzte große PV-Produzent aus Europa in die Insolvenz geschlittert. Alleine in Deutschland gingen ca. 10.000 Arbeitsplätze verloren!“¹)

Wir sind der Meinung: „Energiewende? Ja, wenn gute Arbeitsplätze nicht wegbrechen!“

Die Energieversorgung muss sich nach wie vor nach dem energiepolitischen Dreieck aus wettbewerbsfähigen Preisen, Umweltschutz und vor allem Versorgungssicherheit, und damit auch Erhalt von Arbeitsplätzen, richten!

2 … wo kann ich denn ohne Industrie meine Ausbildung machen?

Industrie hat es in Deutschland schwer mit der Infrastruktur, die sie braucht. Neuen Großprojekten, sei es das Kraftwerk Datteln 4 oder die Stromtrassen von Nord nach Süd, weht ein heftiger Gegenwind aus der Bürgerschaft entgegen. Durch die Proteste gegen Stuttgart 21 ist das Wort des „Wutbürger“ allgegenwärtig geworden. Besonders energieintensive Industrien investieren lieber in anderen Ländern, dort sind die infrastrukturellen sowie die energiepolitischen Rahmenbedingungen oft besser als bei uns und Industrieprojekte sind häufig auch in der Bevölkerung willkommener. Dies hat katastrophale Folgen für den Industriestandort Deutschland. In Deutschland sind die Straßen oft schlecht, die Datenleitungen nicht auf der Höhe der Zeit, die Strompreise zu hoch (die Stromversorgung droht durch die Energiewende an Versorgungssicherheit zu verlieren) und der Widerstand aus der Bevölkerung oft nur schwer zu verstehen.

Eine Expertenkommission hat folgendes erarbeitet: „„Sanierungsfall Deutschland – Die deutsche Infrastruktur schwächelt. Nicht nur bei Autobahnen und Bundesstraßen, sondern auch bei Strom- und Datennetzen: Weil die Finanzierung durch die öffentliche Hand seit Jahren stagniert oder sogar sinkt, gibt es einen Investitionsstau von jährlich 90 bis 100 Milliarden Euro. Das machte eine 2014 von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzte Expertenkommission unter Leitung von Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), im vorigen Jahr publik“.“²)  Viele Produkte werden billig im Ausland produziert, da wo es nicht die hohen Umweltschutzauflagen gibt, wie in Deutschland. Arbeitnehmerrechte werden mit Füßen getreten.

Wenn wir nicht aufpassen, werden in Zukunft immer mehr Produkte im Ausland hergestellt. Auch hier riskieren wir weiteren Arbeitsplatzabbau. 

Der Vorteil, den der Industriestandort Deutschland mit seinen hochqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zurzeit noch hat, droht verloren zu gehen. Neben schlechter werdender Infrastruktur, gibt es auch immer weniger gut ausgebildete Facharbeiter in Deutschland. Das liegt zum einen an dem Trend zum Studium und zum anderen leider auch daran, dass die Industrie weniger Ausbildungsplätze anbietet, da sie bei der steigenden Wirtschaftsfeindlichkeit nicht mehr in eine ungewisse Zukunft investieren will. Um aber für die nächste Generation auch noch gute, tarifgebundene Arbeits- und Ausbildungsplätze anbieten zu können, braucht unsere Industrie Planungssicherheit!

3 … Mami, wie lade ich denn mein Handy, wenn die Sonne nicht scheint?

Diese von uns überspitzt formulierte Frage könnte bald schon Wirklichkeit werden, wenn die Politik nicht gegensteuert. Die Energieinfrastruktur eines Landes ist für den Lebensstandard, für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die innere politische Stabilität von entscheidender Bedeutung. Im Zuge der Debatten um die Energiewende Deutschlands liegt die Aufmerksamkeit vor allem auf dem zukünftigen Energiemix und dessen Veränderung, insbesondere aber auf den technischen Herausforderungen und den Kosten des Systemwechsels. Ausgelöst durch die zunehmende Instabilität des elektrischen Netzes beim Systemumbau stellt sich die Frage der Energiesicherheit Deutschlands (und Europas) neu.

Im Januar 2017 in Deutschland erklärt IG BCE-Chef Michael Vassiliadis: „„Dunkel und kaum Wind. Jetzt kann Deutschland wieder froh sein, dass es noch Kohlekraftwerke hat.“ So eine Dunkelflaute habe fast den ganzen Januar über angedauert. Deutschland brauchte in Spitzenzeiten mehr als 80 Gigawatt Strom, davon konnten die erneuerbaren Energien keine fünf Prozent beisteuern. Die meisten der 27 000 Windkraft- und 1,2 Millionen Solaranlagen fielen wochenlang aus.

Frankreich, das seinem östlichen Nachbarn sonst immer mal mit Atomstrom aushilft, kam als Lieferant auch nicht infrage – einige Kernkraftwerke standen wegen Sicherheitsprüfungen still. „So mussten die deutschen Energieversorger auch noch das letzte Reservekraftwerk ans Netz nehmen. Kohle, Gas und Kernkraft hielten das Land quasi im Alleingang unter Strom.“ Doch genau das werde diesen Energieträgern immer schwerer gemacht, kritisiert Vassiliadis. 2018 schließt die letzte deutsche Steinkohlenzeche im Ruhrpott. Vorhandene Steinkohlekraftwerke werden schon jetzt vorwiegend und dann nur noch mit „schwarzem Gold“ aus dem Ausland gefüttert, vor allem aus Russland und Kolumbien. Bei Gas ist Deutschland ohnehin von Importen abhängig. Bis 2022 gehen auch die letzten deutschen Kernkraftwerke vom Netz. Bleibt als einziger heimischer Energieträger, der nicht vom Wetter abhängig ist, die Braunkohle – doch deren Widersacher nennen fast täglich neue Jahreszahlen für den Ausstieg. „Grob fahrlässig“ nennt Vassiliadis solche Forderungen. „Branchenexperten rechnen bei Strom spätestens Mitte des kommenden Jahrzehnts mit Versorgungsengpässen – mit unkalkulierbaren Folgen für Verbraucher und Unternehmen.“ Die neue Bundesregierung – „wie auch immer sie aussieht“ – werde nach der Wahl im Herbst gegensteuern müssen.“³)

 Wir sind der Meinung:

Energiewende? Ja, wenn wir mit Versorgungssicherheit nicht Russisch Roulette spielen !

Energiewende? Ja, wenn der Strom auch da ankommt, wo er gebraucht wird !

1) https://www.igbce.de/xvi-23-23-08-2012-solar-gipfel/15674
2) https://www.igbce.de/mitglieder/kompakt/investitionsstau-deutschland/131600
3) http://www.sz-online.de/nachrichten/dunkelflaute-ueber-deutschland-3622745.html

4 … und wer bekommt was vom Strompreis?

Die meisten Verbraucher wissen nicht, dass sich der Preis für eine Kilowattstunde Strom zu 73% aus Steuern und Abgaben zusammensetzt. Nur ca. 27% bekommen die Stromerzeuger für die Erzeugung des Stroms, den Vertrieb, das Messen, Ablesen und die Marge der Stromanbieter. Die Umsatzsteuer wird zudem noch auf die Stromsteuer und Abgaben erhoben.
Ein Beispiel: 1 kWh Strom kostet 26 Cent. 19,3 Cent von diesem Betrag sind Steuern und Abgaben!
Die Energiewende wird für den Verbraucher immer teurer. Und das für alle Verbraucher, ob gutverdienend oder hilfsbedürftig, Familien oder Singles. Damit ist die Energiewende extrem unsozial.

  16,00 % Umsatzsteuer   6,90 % Stromsteuer   5,50 % Konzessionsabgabe 24,70 % Energiebeschaffung, Vertrieb, Marge   2,20 % Entgelte für Abrechnung, Messung 20,50 % Nettonetzentgeld 21,30 % Umlage nach EEG   1,50 % Umlage nach KWKG   1,30 % Umlage nach §19 StromNEV   0,10 % Umlage Offshore-Haftung Quelle: www.bundesnetzagentur.de

Kategorie

Datum

30. Juni 2017

Lesezeit

6 Minuten

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